Leere Arbeitshefte, zerfetzte Zettel, kleine hilflose Kommentare – all das begegnet mir, als ich im Keller einige Kartons durchschaue – die Schulsachen meines Kindes, Grundschule und weiterführende Schule. Ich sehe Tests, Mappenführungsbewertungen, die Mappe aus der Ergotherapie. Durchgestrichenes sehe ich beim Blättern, Versuche etwas zu schaffen, was für manche Kinder nicht einfach möglich ist. Und ich sehe viel Ratlosigkeit und Wut.
Was ich auch sehen sollte, ist, wie sehr das Kind es versucht hat. Dass er immer weiter gemacht hat, obwohl er viel öfter verweigert hat. Ich sollte sehen, dass wir als Eltern ganz viel Verschiedenes versucht haben. Dass Lehrkräfte in der Kürze der Zeit und gemessen an der Klassengröße eigentlich gar keine Chance hatten, zu erkennen, was das Kind zum Lernen benötigte. Mir ist das ja auch bis heute nicht klar, wie es lernt.
Und mir tut das alles weh. Ich spüre der Verzweiflung nach, ich weiß noch, wie ich oft vor mich hin trauerte über die Anrufe und Gespräche, über die Angst Verabredungen mit anderen Kindern zu initiieren. Wie ich das Kind verteidigte und trotzdem ausschimpfte. Ich saß oft da und versuchte mir die Zukunft vorzustellen. All die Briefe an Lehrkräfte, Schulleitungen und Ärzte, in denen ich zu erklären versuchte, was mein Kind braucht. Dass ich ganz lange eher auf andere gehört habe, als auf mein eigenes Mama-Gefühl. All die Ablehnung, Absagen, das Unverständnis, das ploppt einfach wieder auf. Vorurteile, meine Hilfslosigkeit, die Zerbrechlichkeit des Kindes, gegen die es ankämpft.
Vielleicht schreibe ich deswegen hier, vielleicht engagiere ich mich deshalb in der Gewerkschaft und in meinem Landkreis. Auch um nicht zu vergessen, dass mein Kind auch viel Gutes umgeben hat. Eine stabile und charismatische Klassengemeinschaft. Lehrkräfte, die uns verstanden haben, auch wenn man trotzdem nicht viel Veränderung erwirken konnte.
Deswegen werfe ich den ganzen Krempel heute weg. Die ganze Kiste. Ich vergesse das nicht, aber ich muss den Ballast nicht noch bewahren.
Ich sehe, wie mich beide Kinder heute beim Frühstück schief angrinsen, Quatsch zusammen machen, wie absolut lässig sie sind, mit ganz eigenem Kopf, wunderbaren Ideen und einer starken Haltung zu Politik und Gesellschaft. Das andere werf ich weg.