Ich bin voll gerne Lehrkraft, obwohl das ganze bei mir (und vielen anderen) nicht ausdefiniert ist, was das bedeutet. Meine momentane Rolle ist schon ganz gut, aber was ich noch nie gemacht habe ist, eine ganze Unterrichtseinheit für eine heterogene Lerngruppe so planen und umsetzen, wie ich es bei meinen Regelkolleg*innen immer sehe. Meine (Regel-)Kollegin Frau Tee und ich haben in der Einheit Drama jetzt einfach mal getauscht und ich schlottere mit den Knien.
Klar habe ich schon unterrichtet, die Förderschulklassen, deren Klassenlehrkraft ich war oder die Regelschulklasse, als eine Regellehrkraft langzeiterkrankt war. Da habe ich auch ganze Einheiten geplant und umgesetzt. Aber so, wie ich es wollte und für richtig hielt und vor allem mit meiner ganz authentisch chaotischen Art und Weise – alleine. Dasselbe nun aber vor meiner hochverehrten Frau Tee zu tun, fällt mir total schwer. Ich schäme mich, weil ich auf einmal Sachen nicht mehr genau weiß…wie war das noch, das ist die Passivform im Präsens Indikativ, mein lieber Scholli, wusste ich gar nicht. Darf man das zugeben als Lehrkraft? Dass man Dinge nicht weiß. Oder überspielt man das, weil es nötig ist, so zu tun, als wäre man die allmächtige Deutschlehrkraft? Ich höre schon Leute rufen: die nehmen dich doch nicht ernst, wenn die spitz kriegen, dass du das gar nicht so genau weißt. Du kannst doch nicht vor den Kindern zugeben, dass du dir unsicher bist. Wie stehst du denn jetzt da?
Ich weiß es nicht. Ich muss das Ganze erstmal von vorne bis hinten ausprobieren. Aber ich weiß jetzt schon, dass viel Vertrauen nötig ist. Ich muss Frau Tee vertrauen, die jetzt meine Aufgabe hat und Dinge differenziert und im Klassenraum dabei ist, wenn ich unterrichte. Ich muss auch mir vertrauen, dass ich das schon hinkriege, auch wenn ich unsicher bin.
Zum Glück kennen die Kinder das schon von mir, dass ich sage: Hört mal, man kann doch nicht alles im Kopf haben, aber ich weiß, wo ich die Antwort schnell finde und das solltet ihr auch! Denn ihr könnt ja auch nicht alles behalten, oder?
Ich fürchte, Frau Tee hat mich bis jetzt für ein Genie gehalten, da ich meine Sache mit der Differenzierung gut mache und ganz versiert darüber herumreferieren kann. Jetzt aber spürt sie meine Stammelei und meine weichen Knie und wenn ich schlecht geplant hab, merkt sie das auch. Sie strahlt mich immer an und wir quatschen kurz über die Stunde. Und ich bekomme mehr und mehr Respekt vor der ganzen Arbeit und dem ganzen Wissen, das wie auf Abruf sofort schüler*innenorientiert dargeboten wird. Und in einer solchen Situation noch in Doppelsteckung mit jemanden zusammen im Unterricht zu sein, der vielleicht sogar noch eine Gehaltsstufe mehr bekommt, das kann was ausmachen, glaube ich. Viele Schulen kennen das gar nicht und viele Lehrkräfte haben schlichtweg Bammel. So wie ich jetzt.
Ich freue mich über diese Chance und nehme mir vor, das öfter zu machen. Aber wer bin ich dann? Bin ich Förderschullehrkraft? Oder Sonderpädagogin? Oder eine Deutschlehrkraft? Ich fühle mich zumindest gerade wie nichts von alledem.
Und wenn Frau Tee differenzieren soll, dann braucht sie ja auch Hinweise von mir, was wann dran ist und welches Material wir nehmen. Das habe ich ehrlich gesagt noch gar nicht hinbekommen! Das ist auch gar nicht so einfach. Heijeijei!