Dauerstress mit digitaler Reizüberflutung im Kommunikationschaos – im Schulalltag verwischen Grenzen, Körper und Kopf streiken, Wochenende und Ferien werden zur Rettung. Alle wissen: Abgrenzung ist nötig. Nur: Wie, wenn ständig alles gleichzeitig brennt?
Ärgern über den einen Kollegen, mit dem die Kommunikation nicht klappt: der Bereich ums Auge schwillt an! Stress mit gefühlt allen (in echt keinem wirklich), die Ohren dröhnen, der Kiefer schmerzt. Weil Yoga gut ist für die Gesundheit zum Yoga gegangen: Die Migräne knallt rein.
Ständig Mails, ständig Nachrichten auf dem Handy, Gruppenchats, in denen auf strapaziöse Art und Weise kommuniziert wird:
A: Ich bin leider krank.
B: Gute Besserung, ruh dich schön aus!
C: Gute Besserung 💐
D: Halt die Ohren steif!
E: Ja, voll gute Besserung🤧
F-Q: Gute Besserung!
Vier Meter Gute Wünsche und zwischendurch ein stroboskopiges GIF, welches einem die Nerven aufweicht.
Noch besser sind solche Anfragen:
A: Ich schaffe es nicht rechtzeitig zur Pause. Kann jemand meine Aufsicht übernehmen?
B: Nein, hab selber eine!
C: Tut mir leid, bin gar nicht in der Schule.
D: Nee, geht nicht, hab ein Gespräch.
E: Hab erst zur 4. Stunde 👎
F-R jede:r einzeln und nicht über die Kommentierfunktion: 👎 oder Ich auch nicht! Und einer schickt ein „witziges“ GIF, welches einem an der Gesamtkonstitution rüttelt.
Ständig irgendwelche Gespräche oder Treffen, Arbeitsgruppen und Spontantermine. Jemand im Amt meint es gut und schlägtvor, sich zu treffen, um über die Schulbegleitung persönlich zu sprechen, innerlich zusammenbrechen und ins Telefon hauchen: Super Idee! Weil sonst die Schulbegleitung wackelt, dann will man doch lieber das Zeitmanagement verwerfen. Am Schreibtisch in der Jahrgangsstation sitzen geht besser mit Overear-Kopfhörern, wenn man was vor hat. Dagegen steht der wohltuende Effekt des gemeinsamen Plünderns der Notfallschublade in der Jahrgangsstation. Miteinander plaudern ist auch schön. Wenn man krank ist, wird man trotzdem dreimal angerufen. Lese ich da auch regelmäßig meine Mails? Ja, schlechtes Gewissen sonst. Die Leute wissen doch vielleicht gar nicht, dass ich krank bin.
Kinder, die Nachrichten schreiben, wenn sie nicht wissen, wann der Ausflug ist, wenn sie ein Arbeitsheft verloren haben oder wann Nachschreibtermin ist. Eltern, die trotz Hinweis ihr Kind immer doppelt und dreifach bei allen Lehrkräften per Mail krankmelden. Weiß man aber nicht, weil sie es nicht in den Betreff schreiben und man deswegen so eine Mail nicht ignorieren darf. Obwohl sie eigentlich nur im Sekretariat krankmelden sollen. Mails an das ganze Kollegium mit dem Betreff Nur für LK, die am Dienstag im Werkraum den Bohrer benutzt haben – das muss man lesen, man will ja schließlich wissen, was die LK, die am Dienstag den Bohrer benutzt haben, angerichtet haben.
Anfragen im Flur, wenn man sich aus dem Keller in den 2. Stock hochquält, die mit: „Sag mal, weißt du, wie ….“ beginnen, bei denen man sich aber nicht traut zu sagen: Ja, da weiß ich was drüber, aber jetzt ist es gerade schlecht – wohlwissend, dass keinem ein Bein abfällt, wenn ich das sage, weil es nämlich völlig okay ist.
Vierzehnmal zum Schulassistenten traben (in den Keller), weil er der Schulplattformsmeister und Herr der Digitalisierung ist und wenn man rein kommt, stöhnt er, wenn er mich sieht.
Am Ende des Tages das Gefühl haben, etwas geleistet zu haben und beim Gespräch mit der Schulleitung am nächsten Tag wird man angemault. Nachmittags in tiefen alternativlosen Schlaf fallen. Jeden Nachmittag nach der Schule.
Sich immer irgendwie ins Wochenende oder in die Ferien retten und wissen, dass man da trotzdem was arbeiten muss. Ständig Listen zum Abhaken: kommt ein Haken an das eine, gibt es sogleich zwei neue offene Kringel.
Das mit dem Abgrenzen macht schon Sinn. Die Ratio winkt begeistert bei diesem Gedanken, wir sind uns alle einig.
Aber wie?