Bologna und die Lehrer*innenbildung

Das geschulte Auge sieht sofort meine subtil geniale Andeutung der Problemlage anhand des hübschen Beitragsbildes:
Wir haben eine Vorstellung von etwas, weil eine Vereinheitlichung in diesem Fall gut und wichtig ist, damit jede*r weiß, was es ist, und trotzdem wandeln es viele ab und nutzen andere Zutaten und ignorieren das eigentliche Vorhaben. Worum geht´s? Wie man Lehrkräfte ausbildet und begleitet natürlich!

Mein Kind erklärt mir, dass das Phänomen, das ich beschreibe, Theseus-Paradoxon heißt. Kluges Kind! Hat es von YouTube, sagt es!

Ich lese gern die Kommentare auf einschlägigen Rezepteplattformen. Und es beglückt mich immer wieder, wenn dann ein Streit darum entbrennt, wenn Nutzer 1 10 von 14 Ingredienzien oder Handlungsschritten abwandelt und dann noch eine Sternebewertung abgibt, und Nutzer 2 dann fragt, ob das so legitim sei. Kann man das? Also ein Rezept massiv abwandeln und dann noch behaupten, es bekäme safe 5 Sterne? Ist es dann noch das Rezept?

Mit der Lehrer*innenbildung ist es so ziemlich das Gleiche. Es steht Lehrer*in werden drauf, aber es wird irgendwie überall anders gemacht und ob es zur Mobiltät beiträgt, ist ganz und gar nicht gewiss. Und Sterne kriegt es mal 5, mal einen, ganz nach der Frage, wer von wo aus bewertet.

Als Bologna-Prozess wird die „europaweite Vereinheitlichung von Studiengängen und -abschlüssen sowie auf internationale Mobilität der Studenten zielende transnationale Hochschulreform bezeichnet, die auf die Schaffung eines einheitlichen Europäischen Hochschulraums gerichtet ist. Der Begriff geht auf eine 1999 von 29 europäischen Bildungsministern im italienischen Bologna unterzeichnete politisch-programmatische Erklärung zurück.
Wesentliche Elemente des gemeinten Konvergenzprozesses sind:
die Harmonisierung der akademischen Ausbildung durch ein zweistufiges System berufsqualifizierender Studienabschlüsse (typischerweise in der Form von Bachelor und Master),
die durchgängige Etablierung des European Credit Transfer System (ECTS),
eine fortlaufende Qualitätssicherung im Hochschulbereich und
vor allem in Deutschland eine auf Beschäftigungsfähigkeit (Employability) am Arbeitsmarkt zielende Ausrichtung der Studiengänge.“ (Wikipedia natürlich)
Auswirkungen hatte es aber in erster Line darauf, dass unzählige neue Studiengänge eröffnet wurden, teilweise schon wieder ausgelaufen sind und als traurige Maßnahme genau die, die ersetzt werden sollten, jetzt viele mehr Zulauf und Unterstützung erhalten, wie zum Beispiel das Staatsexamen. Es wird immer wieder ins Spiel gebracht, um Mängel auszugleichen.
Das Bacholor/Master-System soll in erster Linie polyvalent sein, das heißt, es soll sich öffnen und kombinieren lassen, damit Studierende die größtmögliche Auswahl an Verwirklichungswegen auffinden. Polyvalenz schließt die Bereitschaft, in andere Studiengänge abzuwandern, aber deutlich mit ein.
Hallo, Lehrkräftemangel! Was nun?

Bestimmte Parteien und Verbände fordern gern mal den Rückschritt. Warum, weiß ich nicht. Reformenscheu? Angst vor Veränderung? Konservatismus? Gegenwärtige Finanzminister fordern gern auch Kostenneutralität.

Aber Bildung muss kosten, sollte kosten und sollte uns zudem alles wert sein. Über einen längeren Zeitraum als 4 Jahre. Naja.. Und Lehrer*innenmangel muss valide eruiert und prognostiziert werden können, einheitlich. Nach denselben Kriterien. Wird es aber nicht.

Der Bildungsföderalismus ist doch echt behämmert. Aber wie geht man jetzt mit dem Rezept um, in ganz Deutschland? Wie kann man die Lehrer*innenbildung so sichern, dass wir in der Schule nicht diese Notlagen erleben müssen?
Rezept vereinheitlichen oder abwandeln dürfen? Und wer bestimmt das? Jede*r für sich selbst?

Und was ich mich auch frage: sollte man dann Reformen lostreten, wenn es tatsächlich schon zu spät ist, wenn sich ein Land schon in der Bildungskrise befindet? Was für Hilfen werden das sein? Vor vielen Jahren habe ich mal einen neuen Begriff gelernt – und zwar aus einem Artikel über einen Kultusminister. Der Begriff heißt Milchmädchenrechnung. Er bekommt von mir 6 von 5 Sternen!

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